Am nächsten Morgen zeigte sich Patagonien von seiner besten Seite. Unser Ziel war die Mixed-Route „Coqueugniot-Guillot (250m, 70°, 5)“ an der Ostwand der Aguja Guillaumet. Früh morgens machten wir uns auf den Weg und standen zwei Stunden später am Fuße der Wand. Unsere größten Sorgen, der Zustieg und der Bergschrund, erwiesen sich trotz der erheblichen Schneemenge als gut machbar. Bald richteten wir den ersten Standplatz ein und die eigentliche Kletterei konnte beginnen. Steiles „Stapfgelände“ leitete uns zu einem kleinen Eisschlauch, welcher großartige Kletterei bot und uns zum Beginn einer Verschneidung führte. Diese erwies sich als deutlich anspruchsvoller als erwartet und hat uns einiges abverlangt. Doch Luis wusste sich mit ein zwei Tricks zu behelfen. Nach einem kleinen Abseiler erreichten wir schließlich das Rinnensystem, das uns zum Ausstieg führen sollte. Kurz darauf standen wir vor der letzten Seillänge. In Patagonien weht der Wind fast immer aus westlicher Richtung und prallt, nachdem er das Inlandeis überquert hat, mit voller Wucht auf das Cerro-Torre- und Fitz-Roy-Massiv. Da unsere Route ostseitig exponiert war, hatte uns der Wind eine ordentliche Ausstiegswechte beschert, die schon fast bedrohlich über uns thronte. Nach kurzem Zögern startete ich vorsichtig in die letzte Länge. Die ersten Meter erwiesen sich dann besser als erwartet: Unter dem losen Pulverschnee kam Eis zum Vorschein, das sowohl das Klettern als auch die Absicherung erheblich erleichterte. Doch dann steilte das Gelände auf und was bei guten Bedingungen ein leichter Ausstieg gewesen wäre, wurde zur echten Tortur – Pulverschnee und das jetzt fehlendes Eis erwiesen sich als denkbar ungünstige Kombination. Die Absicherung war somit nur noch in feinen Felsrissen mittels Peckern und Schlaghaken möglich. Bald erkannte ich, dass bei dieser Schneemenge ein Vorankommen mit den Eisgeräten in endlicher Zeit schier unmöglich war. Was nun, sollten wir versuchen abzuseilen, so kurz vor unserem Ziel…
Bild: Eisklettern in der Coqueugniot-Guillot