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Der Innursprung, 2 Dreitausender und ein Rudel Steinböcke

5-Tages-Tour der Freitagsgruppe

23.08.2025

Oberhalb von Maloja, aus dem Lunghinsee auf 2484 m Seehöhe, entspringt der Inn. Hier, im schweizerischen Graubünden, heißt er En und gibt dem Tal, durch das er fließt, den Namen Engadin. Kein Wunder, dass Rosenheimer Bergsteiger gerne einmal die Quelle unseres Inn sehen wollen. Und so fährt ein Teil der Freitagsgruppe im August 2025 immer am Inn entlang flussaufwärts ins Engadin, in eine prachtvolle Bergwelt und einzigartige Seenlandschaft.

Am Anreisetag haben wir nur noch Zeit für ein Kurzprogramm. Wir fahren mit der historischen Standseilbahn hinauf nach Muottas Muragl, bewundern die weite Aussicht über die Oberengadiner Seenplatte und zu den Gletschern der Berninagruppe, und wandern auf dem Panoramahöhenweg zur Alp Languard. Mit einem abenteuerlichen Sessellift, der eine scharfe Kurve ähnlich der „Wilden Maus“ auf diversen Volksfesten macht, fahren wir hinunter nach Pontresina und mit dem Bus zurück zu unserem Hotel.

Tag 2 begrüßt uns mit wolkenlosem Himmel und so fahren wir mit der Rhätischen Bahn, einer weltweit einzigartigen Schmalspurbahn, die mit dem UNESCO Welterbe ausgezeichnet ist, den Berninapass hinauf bis zur Talstation der Diavolezzabahn. Mit der Großraumgondel geht es hinauf auf die Diavolezza, 2972 m – und hier ist erst einmal Staunen angesagt: Ein weites Rund der schönsten, strahlendsten Gletscherberge breitet sich vor uns aus, vom dreigipfeligen Piz Palü bis zum Piz Bernina mit der eindrucksvollen Firnschneide des berühmten Biancogrates. Aber wir sind ja zum Bergsteigen hergekommen und so machen wir uns auf den Weg zum Munt Pers, 3206 m, einer der schönsten Aussichtslogen unserer Alpen. Lange bleiben wir auf seinem Gipfel und bewundern das Panorama, dann geht es wieder hinunter zur Diavolezza und weiter auf den Sass Queder, 3066 m, unseren zweiten Dreitausender an diesem Tag. Von seinem Gipfel ist der Blick zum Piz Bernina besonders eindrucksvoll. Mit der Seilbahn gondeln wir dann wieder hinunter ins Tal und mit dem Zug geht es wieder zurück nach Celerina.

Der 3. Tag beginnt mit viel Spannung: Heute soll es zum Innursprung gehen! Mit dem Bus fahren wir nach Maloja und sehen gleich den schönen Wasserfall, mit dem der Inn seinen langen Weg beginnt. An diesem Wasserfall entlang steigen wir höher, auf steilem Bergweg, Kehre um Kehre, bis wir auf einem Absatz endlich einen Rastplatz finden. Zu unseren Füßen sprudelt der junge Inn, den wir kurz darauf auf schmaler Brücke überqueren. Weiter geht es bergauf, zunehmend steinig, dann über griffige Felsplatten – und plötzlich stehen wir am herrlich gelegenen Lunghinsee, dessen Abfluss den Innursprung darstellt. Aber wir wollen noch weiter, zum Lunghinpass mit seiner dreifachen Wasserscheide. Unterwegs murmelt ein kleines Bächlein neben unserem Weg und zwängt sich zwischen den Felsen hindurch an die Oberfläche – die eigentliche Innquelle! Welch eine Freude! Noch etwas weiter bergauf und wir erreichen den Lunghinpass, 2645 m. Er ist die Wasserscheide für 3 Flüsse, die in 3 verschiedene Meere fließen: den Inn, der ins Schwarze Meer fließt, die Julia, die in die Nordsee fließt und die Maira, die ins Adriatische Meer fließt. Zurück am Lunghinsee schwimmen drei Unerschrockene unserer Gruppe eine Runde im eiskalten Innwasser bevor wir uns auf den Weiterweg entlang eines wunderschönen, aber auch sehr ausgesetzten Höhenwegs machen, mit herrlichen Tiefblicken auf den türkisgrünen Silser See. Unser letztes Ziel vor der Rückfahrt ist Grevasalvas, das ehemalige Sommerdorf Bergeller Bauern, in dem in den 1970er Jahren der Film „Heidi“ gedreht wurde. Heute werden die liebevoll renovierten Steinhäuser aus dem 17. Jhdt. nur noch als Ferienhäuschen genutzt.
Einen weiteren Höhepunkt unserer Tourentage soll uns der 4. Tag bescheren. Er führt uns ins Gebiet des Piz Albris, wo man mit dem Aussetzen einzelner Tiere versuchte, den einst ausgerotteten Steinbock wieder anzusiedeln. Heute leben in dem weitläufigen Gebiet wieder rund 1800 Tiere und wir hoffen ein paar von ihnen zu sehen.

Nach der Anreise mit der Bahn wandern wir ins Val da Fain und über einen zunehmend steiler werden Hang Kehre um Kehre bergauf. Immer im Blick: der Piz Palü. Nach einer ausgesetzten Hangquerung und einer mit Seilgeländer versicherten Felsstufe erreichen wir eine karge Hochebene, ein idealer Rastplatz. Weiter geht es durch eine sandige und steinige „Mondlandschaft“, in der sich nur wenige Gräser und Blumen behaupten konnten, bis wir in einer windgeschützten Mulde ein paar Hörner entdecken: Hier ruht, ganz genüsslich wiederkäuend, ein Rudel Steinböcke, etwa ein Dutzend ausgewachsene Tiere. Wir können ziemlich nah herangehen und fotografieren, die Tiere stört es in keiner Weise. Ja, man kann fast meinen sie betrachten uns genauso interessiert wie wir sie. Weiter führt uns der Weg zum smaragdgrünen Languardsee und über eine Ebene mit zahlreichen Murmeltierbauen und vielen zotteligen Hochlandrindern ins „Paradies“, eine phantastisch gelegene kleine Hütte direkt gegenüber der Berninagruppe, in der vor allem die locker-leichte Rüblitorte einen Einkehrschwung wert ist. An der Alp Languard gönnen wir uns nochmals eine Fahrt mit dem urigen „Wilde-Maus-Sessellift“ hinunter nach Pontresina und kehren mit dem Bus zurück zum Hotel.
Ein Wetterumschwung verhindert unsere geplante zweitägige Hüttentour und zwingt uns bereits am 5. Tag zur Heimfahrt. Vorher gönnen wir uns noch eine Rundwanderung über 5 Seen oberhalb von Sils Maria, dann heißt es endgültig Abschied nehmen vom Engadin. Nur der Inn begleitet zuverlässig die Heimfahrt nach Rosenheim.